Live-recording by Orpheus Vokalensemble, conducted by Michael Alber.


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Fünf Lieder der Nacht

nach Ingeborg Görler (*1937)

(2016/17)


Total duration: ca. 13:00

 

For mixed choir a cappella (SMATBarB).

 

I. Unwetter

II. Verlorener Garten

III. Boschaft

IV. Die Tage, die kommen und gehen

V. Gekappter Traum

 

First performance of no. 1-3 given by Orpheus Vokalensemble conducted by Michael Alber @Landesakademie Ochsenhausen on 18 September 2016.

 

Pieces no. 4 and 5 have not been performed yet.

 

The cycle is dedicated to Ingeborg Görler.

 

For the score just get in contact.



Poems by Ingeborg Görler (*1937)

I. Unwetter

 

Danach stand die Luft doch
wieder still
bis zur Verstärkung des Waldeulenrufs
durch den Mond.
Welch ein Duett aus
Abstand und Deckung zwischen
Wolken und Wald.
Als webe Scham am sanften
Fortgang der Nacht, die sich
Sanftmut selbst nicht mehr
glaubt, bereit
von der flüchtigsten Hellsicht
getroffen, jederzeit
ohne Klage zu enden.

II. Verlorener Garten

 

Doch im Schlaf
das Gespräch der Bäume
meine Straße entlang

 

 

III. Botschaft

 

Der Flügel heute Nacht
der eine, der kam wie ein seidenes
Segel, kein Wispern im Gefieder
Stille, ahnend, er werde
brennen –
Doch die äußerste Feder
die ich beruhrte, gab ein Zittern
in meine Hand, die schrieb
ohne Stift auf nachtwarme Laken
in einer Schrift, die fort
und fort lief.

IV. Die Tage, die kommen und gehen

 

VIELLEICHT, WEIL IHRE SPUR so deutlich
blieb im Schnee, entschied sich die Erkenntnis
für diese Nacht. Makellos schiebt
sie sich durchs Reine – unabweisbar im
nächsten Tag.

 

 

V. Gekappter Traum

 

– – –
Und schon die wildernde Meute
die den Tag auf die Weltmitte zu
hetzt, auf mein Haus, in dem
ich noch schnell den Traumrest
vergrabe, den vom Buch, das
weiß, wo die Frucht wächst
goldherb war sie, gefiedert
verlieh Kräfte – wozu?
Wenn das erloschene Fenster
im Haus gegenüber auch heute Nacht
wieder leuchtet
wird es mir vielleicht
den Traum von gestern
erinnern.
Und mein Geheimnis – die Federfrucht –
könnte ungestört bleiben
in dem vergrabenen, dem allmählich
verwesenden Buch.


Dominik Johannes Dieterle